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Seit dem späten Mittelalter existiert - im christlichen Abendland - das Loch zur Steuerung von Glocken, Tönen und Ton-Automaten, später von Webstühlen und Rechenmaschinen. Später gerät es zur Perforation des Films und wird zum Essential der Hollerithmaschine sowie der Punchcards der Computer, bis am Ende Finger und Augen, also das Keyboard und der Screen, die Lücken schließen. Genau in diesem Augenblick aber verschwindet das Loch im Silizium, als zentraler Elementarbaustein der operationalistischen Quantenmechanik des Transistors. Das wiederum hat ermöglicht, den Hubble-Satelliten und seine Computer ins Weltall zu schießen, die uns seither Kunde geben von (mindestens) einem 'Schwarzen Loch' in jeder Galaxie. Neben dem, dass das Universum zu 95% von ('dunkler') Materie und Kräften durchdrungen ist, die wir nicht kennen, ist es durchsetzt von 'Löchern', deren Physik wir nicht verstehen, weil in ihnen kein Raum und keine Zeit existiert. Diese lochhafte 'Singularität' kündigt nun aber vom Ende her eine Vereinbarung auf, die - mit Newton - die Neuzeit eröffnete und den Grund aller Aufklärung legte: nämlich dass die Dinge im Himmel so seien wie auf Erden. Sie sind es nicht. So schwindet das Sein des Menschen und seiner Dinge im Operationalismus einer Differenz, die sich nicht schließen lässt.
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About the author
Wolfgang Hagen, Philosoph und Medientheoretiker, geb. 1950 in Kleve am Niederrhein, studierte Germanistik und Philosophie in Wien und Berlin. Seit 2002 ist er Leiter der Kultur- und Musikabteilungen im Deutschlandradio Kultur sowie Leiter der Medienforschung. 2001 habilitierte er sich an der Univ. Basel und ist seit 2003 Privatdozent für Medienwissenschaft.