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Die Geschichte der "Marquise von O...." ist in der Gegenwart angekommen.Es ist kaum zu glauben, auf welche Weise der italienische Maler Andrea Grosso Ciponte, dessen Arbeiten auch auf der Biennale gezeigt wurden, Heinrich von Kleists hochkomplexe, psychologische Erzählung »Die Marquise von O....« in eine Graphic Novel verwandelt. Ciponte wagt den provakanten und artistischen Sprung zur reduzierten Visualisierung. Er konzentriert sich ganz auf die Figur der Marquise und malt sie, wenn man von den wenigen Szenen absieht, in denen ihr Gewalt angetan wird, ausschließlich nackt. Auch Dacia Palmerinos Textfassung ist gleichermaßen ein Kabinettstück anspielungsreicher Verknappung; sie folgt einem Handlungsfaden, herausgelöst aus Kleists Sprachgeflecht, haltbar genug, um die prächtigen Bildeinfälle Cipontes zu verknüpfen und zu tragen. Die mit Aquarelltechnik in eine gewisse Distanz gebrachten Akte der Marquise teilen gleichzeitig durch ihre Inszenierung und Gestik etwas Zentrales von den Empfindungen Kleists mit, verbunden mit einem heutigen Selbstverständnis der Gesellschaft. Damit ist etwas Einzigartiges und faszinierend Neues entstanden.
About the author
Andrea Grosso Ciponte, geboren 1977 in Praia a Mare, ist ein kalabrischer Maler, Filmemacher und Kunstprofessor an der Akademie der Bildenden Künste in Catanzaro. 2011 wurden seine Arbeiten auf der Biennale in Venedig gezeigt. Dacia Palmerino, 1978 in Mailand geboren, hat film- und videohistorische Sammlungen herausgegeben und Essays zu Experimenten der audiovisuellen und multimedialen Kunst veröffentlicht. Sie hat an der Akademie der Schönen Künste in Foggia Net Art unterrichtet. Lebt und arbeitet in Catanzaro
Heinrich von Kleist, dessen Werk bereits auf die Moderne vorausweist, wurde am 18. Oktober 1777 in Frankfurt/Oder geboren. Die Beschäftigung mit Kants Philosophie löste 1801 eine Krise aus, die zur Infragestellung der Lebenspläne Kleists führte. Es folgten Reisen durch Deutschland, Frankreich und die Schweiz. 1807 wurde Kleist von französischen Behörden unter Spionageverdacht verhaftet. 1809 publizierte er patriotische Lieder und Aufsätze gegen die französische Besatzung. Von 1810-11 war er Herausgeber der Berliner Abendblätter , zunehmende Schwierigkeiten mit der Zensur führten zu deren Verbot. Gemeinsam mit der krebskranken Henriette Vogel beging Kleist am 21. November 1811 am Ufer des Wannsees in Berlin Selbstmord. Von den Dichtern der Goethezeit ist Heinrich von Kleist einer der lebendigsten und zerrissensten. Sowohl sein Leben als auch sein Werk standen im Zeichen einer aus den Fugen geratenen Zeit, und die extremen Gefühlslagen und radikalen Zweifel, die sich in den Werken dieses zu Lebzeiten erfolglosen Dichters Bahn brachen, sind auch heute noch höchst aktuell.
Summary
Die Geschichte der „Marquise von O….“ ist in der Gegenwart angekommen.
Es ist kaum zu glauben, auf welche Weise der italienische Maler Andrea Grosso Ciponte, dessen Arbeiten auch auf der Biennale gezeigt wurden, Heinrich von Kleists hochkomplexe, psychologische Erzählung »Die Marquise von O....« in eine Graphic Novel verwandelt.
Ciponte wagt den provakanten und artistischen Sprung zur reduzierten Visualisierung. Er konzentriert sich ganz auf die Figur der Marquise und malt sie, wenn man von den wenigen Szenen absieht, in denen ihr Gewalt angetan wird, ausschließlich nackt.
Auch Dacia Palmerinos Textfassung ist gleichermaßen ein Kabinettstück anspielungsreicher Verknappung; sie folgt einem Handlungsfaden, herausgelöst aus Kleists Sprachgeflecht, haltbar genug, um die prächtigen Bildeinfälle Cipontes zu verknüpfen und zu tragen.
Die mit Aquarelltechnik in eine gewisse Distanz gebrachten Akte der Marquise teilen gleichzeitig durch ihre Inszenierung und Gestik etwas Zentrales von den Empfindungen Kleists mit, verbunden mit einem heutigen Selbstverständnis der Gesellschaft. Damit ist etwas Einzigartiges und faszinierend Neues entstanden.