Read more
In Die Macht der Psychiatrie präsentiert Michel Foucault eine Genealogie der modernen Psychiatrie und der spezifischen Wissensformen, die sie hervorgebracht hat. Man kann, so seine These, den Erkenntnissen der Psychiatrie über den Wahnsinn nur dann Rechnung tragen, wenn man sie ausgehend von den Dispositiven und Wissenstechniken analysiert, die die Behandlung der Kranken bestimmen. Foucaults brillante Untersuchung konzentriert sich vor allem auf die Frühzeit der Psychiatrie von Pinel bis Charcot und schließt mit einer Betrachtung der "Depsychiatrisierung" des Wahnsinns in den Neurowissenschaften und der Psychoanalyse, die über die Bewegung der Antipsychiatrie bis in die Gegenwart wirkt.
List of contents
"Vorlesung 1: Sitzung vom 7. November 1973
Anstaltsraum und disziplinarische Ordnung. - Therapeutische Operation und »moralische Behandlung«. - Heilungsszenen. - Verschiebungen dieser Vorlesung gegenüber der Histoire de la folie [dt. Wahnsinn und Gesellschaft]: (1) Von einer Analyse der »Vorstellungen« zu einer »Analyse der Macht«; (2) Von der »Gewalt« zur »Mikrophysik der Macht«; (3) »Von den »institutionellen Regelmäßigkeiten« zu den »Dispositionen« der Macht.
Vorlesung 2: Sitzung vom 14. November 1973
Heilungsszene: Georg III. Von der »Makrophysik der Souveränität« zur »Mikrophysik der disziplinarischen Macht«. - Die neue Figur des Irren. - Kleine Enzyklopädie der Heilungsszenen. - HypnosePraxis und Hysterie. - Die psychoanalytische Szene; antipsychiatrische Szene. - Mary Barnes in Kingsley Hall. - Handhabung des Wahnsinns und Kriegslist der Wahrheit: Mason Cox.
Vorlesung 3: Sitzung vom 21. November 1973
Genealogie der »Disziplinarmacht«. Die »Souveränitätsmacht«. Die Subjekt-Funktion in den Mächten der Disziplin und der Souveränität. - Formen der Disziplinarmacht: Armee, Polizei, Lehre, Werkstatt, Schule. - Die Disziplinarmacht als »normalisierende Instanz«. Technologie der Disziplinarmacht und Konstitution des »Individuums«. - Das Auftauchen der Wissenschaften vom Menschen.
Vorlesung 4: Sitzung vom 28. November 1973
Elemente einer Geschichte der Disziplinardispositive: die religiösen Gemeinschaften im Mittelalter; die pädagogische Kolonisierung der Jugend; die Jesuiten-Missionen in Paraguay; die Armee; die Werkstätten; die Arbeiterstädte. - Die Formalisierung dieser Dispositive im Modell des Panopticons von Jeremy Bentham. - Die Institution der Familie und das Auftauchen der Psy-Funktion.
Vorlesung 5: Sitzung vom 5. Dezember 1973
Die Anstalt und die Familie. Von der Entmündigung zur Einweisung. Der Bruch zwischen Anstalt und Familie. - Die Anstalt, eine Heilungsmaschine. - Typologie der »Körperapparate«. - Der Irre und das Kind. - Die Sanatorien. - Disziplinardispositive und Familienmacht.
Vorlesung 6: Sitzung vom 12. Dezember 1973
Die Konstituierung des Kindes als Angriffspunkt der psychiatrischen Intervention. - Eine Anstalts-Familien-Utopie: Die Anstalt von Clermont-en-Oise. - Vom Psychiater als »zweideutigem Herrn« der Realität und der Wahrheit in den protopsychiatrischen Praktiken zum Psychiater als »Agenten der Intensivierung« des Realen. - Psychiatrische Macht und Wahrheitsdiskurs. - Das Problem der Simulation und des Aufstandes der Hysteriker. - Die Frage der Geburt der Psychoanalyse.
Vorlesung 7: Sitzung vom 19. Dezember 1973
Die psychiatrische Macht. - Ein Heilverfahren von François Leuret und seine strategischen Elemente: 1. die Desäquilibrierung der Macht; 2. der Neugebrauch der Sprache; 3. die Einrichtung der Bedürfnisse; 4. die Äußerung der Wahrheit. - Die Lust an der Krankheit. - Das Anstaltsdispositiv.
Vorlesung 8: Sitzung vom 9. Januar 1974
Psychiatrische Macht und Praxis der »Leitung«. - Das Spiel der »Realität« in der Anstalt. - Die Anstalt, medizinisch gekennzeichneter Raum und die Frage ihrer Leitung: medizinisch oder administrativ. - Die Kennzeichen des psychiatrischen Wissens: (a) die Technik der Befragung; (b) das Spiel der Medikation und der Bestrafung; (c) die klinische Präsentation. - »Mikrophysik der Anstaltsmacht«. - Das Auftauchen der Psy-Funktion und der Neuropathologie. - Das dreifache Schicksal der psychiatrischen Macht.
Vorlesung 9: Sitzung vom 16. Januar 1974
Formen der Ausweitung psychiatrischer Macht und die Psychiatrisierung der Kindheit. - I. Die theoretische Beschreibung der Idiotie. Das Entwicklungskriterium. Auftauchen einer Psychopathologie der Idiotie und der geistigen Zurückgebliebenheit. Édouard Seguin: Instinkt und Anomalie. - II. Die institutionelle Aneignung der Idiotie durch die Macht der Psychiatrie. Die »moralische« Beha
About the author
Paul-Michel Foucault, geb. 15. Okt. 1926 in Poitiers, gest. am 25. Juni 1984 an den Folgen einer HIV-Infektion; studierte Philosophie und Psychologie in Paris. 1952 Assistent für Psychologie an der geisteswissenschaftlichen Fakultät in Lille; 1955 Lektor an der Universität Uppsala (Schweden). Nach Direktorenstellen an Instituten in Warschau und Hamburg kehrte er 1960 nach Frankreich zurück, wo er bis 1966 als Professor für Psychologie und Philosophie an der Universität Clermont-Ferrand arbeitete. 1965 und 1966 war er Mitglied der Fouchet-Kommission, die von der Regierung für die Reform des (Hoch-)Schulwesens eingesetzt wurde. Nach einer Gastprofessur in Tunis (1965-68) war er an der Reform-Universität von Vincennes tätig (1968-70). 1970 wurde er als Professor für Geschichte der Denksysteme an das renommierte Collège de France berufen. Gleichzeitig machte er durch sein politisches Engagement auf sich aufmerksam. 1975-82 unternahm er Reisen nach Berkeley, Japan, Iran und Polen.
Summary
In Die Macht der Psychiatrie präsentiert Michel Foucault eine Genealogie der modernen Psychiatrie und der spezifischen Wissensformen, die sie hervorgebracht hat. Man kann, so seine These, den Erkenntnissen der Psychiatrie über den Wahnsinn nur dann Rechnung tragen, wenn man sie ausgehend von den Dispositiven und Wissenstechniken analysiert, die die Behandlung der Kranken bestimmen. Foucaults brillante Untersuchung konzentriert sich vor allem auf die Frühzeit der Psychiatrie von Pinel bis Charcot und schließt mit einer Betrachtung der »Depsychiatrisierung« des Wahnsinns in den Neurowissenschaften und der Psychoanalyse, die über die Bewegung der Antipsychiatrie bis in die Gegenwart wirkt.