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Die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Evangelikalismus und demokratischem Liberalismus in Amerika gehören zu den großen historischen Erfolgsgeschichten. Der Evangelikalismus, Amerikas dominierende Religionskultur von der Kolonialzeit bis zum Ersten Weltkrieg, beeinflusst bis heute die Werte und Überzeugungen der Nation. Neben dem ökonomischen Interesse haben diese Überzeugungen die amerikanische Politik mitbestimmt unabhängig von der jeweils regierenden Partei. Dies traf für Wilson, Roosevelt, Kennedy und Clinton ebenso zu wie für Eisenhower, Reagan und Bush und das wird auch für den nächsten Präsidenten gelten. Wenn auch die heutige evangelikale Bewegung in den USA mit konservativer Politik in Verbindung gebracht wird, so war sie doch für die meiste Zeit der amerikanischen Geschichte radikal progressiv. Europäischer Calvinismus, der bereits individuelles ethisches Bemühen und selbständige Bibellektüre betonte, verband sich mit dem britischen Liberalismus, aber auch mit den Erfahrungen der Immigranten und der Siedler, die ebenfalls individuelle Anstrengungen erforderlich machten. Diese Mischung brachte eine antiautoritäre, optimistische und selbstgewisse Variante des Protestantismus hervor. In diesem Buch wird die aktuelle Entwicklung der sogenannten neuen Evangelikalen nachgezeichnet. Diese vertreten eine antimilitaristische, antikonsumistische und ökologische Politik und betonen die Pflicht zur Hilfe für die Schwachen wie es Jesus auch tat.
About the author
Marcia Pally ist Professorin für Multilingual Multicultural Studies an der New York University und Permanent Fellow am New York Institute for the Humanities. Im Jahre 2007 war sie Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Sie schreibt für die ZEIT, die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Rundschau und die taz.