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Milos Crnjanski zählt zu den herausragenden Autoren der jugoslawischen Avantgarde. Seine poetische Prosa hat die moderne serbische Literatursprache geradezu erschaffen. Ab 1928 weilte Crnjanski als Kulturattaché in Berlin. Seine Beobachtungen sind gerade für das deutschsprachige Publikum von herausragendem Interesse. Sie stellen die Außensicht eines intellektuellen Serben auf die Mentalität und das Alltagsleben der Weimarer Republik dar. Weit davon entfernt, ein passiver und oberflächlicher Beobachter zu sein, gibt Crnjanski nicht nur seine Eindrücke, sondern auch seine Vermutungen und Zweifel wieder, wobei sich manche seiner Schlußfolgerungen als verblüffend prophetisch erweisen sollten. So bemerkt er, der (Erste) Weltkrieg sei "eigentlich nur die Generalprobe für einen nächsten Krieg" gewesen, und kommt zu dem Schluß, Deutschland würde, nach dem "Ende der Unbestimmtheit und der Zurückhaltung der heutigen deutschen Außenpolitik und deren Friedfertigkeit", diesen nächsten Krieg gegen Polen führen. Hinter den glitzernden Kulissen der deutschen Hauptstadt sah er die Bestrebung, das Bild von Deutschland und seiner Rolle in der Geschichte zu beschönigen. Zu Recht wies er auf die Verdrängung der jüngsten Vergangenheit hin: "Daß das deutsche Volk in einem schrecklichen Krieg geschlagen wurde, davon ist auf deutschem Boden nichts zu spüren." Er befürchtete daher, daß, sobald die Frage der Reparationen gelöst sei, es "zu einer Rückbesinnung auf das alte Deutschland" kommen und man in Berlin wieder beginnen würde, "unkontrolliert, fieberhaft, fantastisch zu denken".
About the author
Milo Crnjanski, 1893 im ungarischen Csongrád geboren, ging 1913 zum Studium nach Wien. Seine Erfahrungen als österreichischer Soldat fanden ihren Niederschlag im Tagebuch über Carnojevic, einem Schlüsseltext der jugoslawischen Moderne. 1928 Kulturattaché in Berlin, während des Zweiten Weltkriegs Emigrant in London. 1965 kehrte er nach Belgrad zurück, wo er 1977 starb.
Mirjana Wittmann lebt mit ihrem Mann Klaus in Bonn und übersetzt mit ihm aus dem Serbischen, Kroatischen und Bosnischen. Die Übersetzungen des Duos verstehen sich als Gemeinschaftswerke und entstehen im Tandemprinzip. 2006 erhielten sie den Brücke-Berlin-Preis für die Übersetzung von David Albaharis Mutterland, 2011 wurden sie für ihr übersetzerisches Gesamtwerk mit dem Paul-Celan- Preis ausgezeichnet; 2013 ehrte sie der serbische PEN für ihre kulturelle Vermittlungstätigkeit.
Klaus Wittmann lebt mit seiner Frau Mirjana in Bonn und übersetzt gemeinsam mit ihr aus dem Serbischen, Kroatischen und Bosnischen. Die Übersetzungen des Duos verstehen sich als Gemeinschaftswerke und entstehen im Tandemprinzip. 2006 erhielten sie den Brücke-Berlin-Preis für die Übersetzung von David Albaharis Mutterland, 2011 wurden sie für ihr übersetzerisches Gesamtwerk mit dem Paul-Celan- Preis ausgezeichnet; 2013 ehrte sie der serbische PEN für ihre kulturelle Vermittlungstätigkeit.