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Der Techelsberger Holzarbeiter Anton Uran, geb. 1920 in St. Martin am Techelsberg in Kärnten, wurde am 22.1.1942 wegen seiner Weigerung, für den NS-Staat Waffendienst zu leisten zum Tode verurteilt und am 23.2.1943 in Berlin-Brandenburg auf dem Schafott hingerichtet. Uran war Zeuge Jehovas und widersetzte sich standhaft aus Glaubensgründen dem NS-Staat und verweigerte den Kriegsdienst. Das Urteil des Reichskriegsgerichtes wurde in Österreich nie aufgehoben und hat die Familie im gesellschaftlichen Ansehen schwer gedemütigt. Im Nachkriegsösterreich wurden Deserteure, Kriegdienstverweigerer und andere Verfolgte der NS-Justiz lange als Verräter und Feiglinge beschimpft und ausgegrenzt. Bis gegen Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts blieben diese Opfer in einem gesellschaftlichen Randbereich; das Problem wurde tabuisiert, die Tat nicht selten geschmäht. Die Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen erhielt durch den Fall Franz Jägerstätter und unmittelbar darauf durch den Fall Anton Uran (beide 1997) eine neue Erinnerungsqualität. Sowohl das Landgericht Berlin als auch das Landesgericht Wien trafen wichtige Rehabilitierungsentscheidungen. Diese müssen einerseits wegen der schweren, über Generationen währenden mentalen Folgen und andererseits auch wegen direkt feststellbarer Nachteile in der Opferfürsorge und in der Anerkennung der Versicherungsverläufe als Versuch zur Wiederherstellung der Würde des Rechtsstaates im Umgang mit immer noch offenen Kriegsfolgen gesehen werden. Mittlerweile wurden in Österreich durch das Aufhebungsgesetz 2009 alle Opfer der NS-Unrechtsjustiz rehabilitiert.
About the author
Vinzenz Jobst, geb. 1949, Prof., Geschäftsführer des Instituts für die Geschichte der Kärntner Arbeiterbewegung; Obmann von Memorial Kärnten-Koroka, Schriftsetzer, verfasste Publikationen zur Sozial- und Regionalgeschichte Kärntens.