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Religiosität scheint heutzutage beinahe ein Tabu geworden zu sein, zu
veraltet und naiv erscheinen uns Frömmigkeit und Bekenntnis. Wer seinen
Glauben lebt, wird in der säkularen Gesellschaft oft belächelt. Noch
schlimmer, wenn der Gegenstand der Hingabe kein christlicher, sondern
der muslimische Gott ist: Allah. Misstrauisch halten wir Abstand von
einem fremden Kulturraum, der uns unverständlich, manchmal archaisch
erscheint. Hier schlägt Khangi mit ihren 23 einfühlsamen Gedichten Brücken
zu unserer Lebenswelt, indem sie aufzeigt, dass elementare Erfahrungen,
Liebe, Freundschaft und Trauer, allen Menschen gemeinsam sind. Doch
für das lyrische Ich werden sie zur Chance, Transzendenz zu erfahren.
Allah, an den man sich verzweifelt wendet, dem man dankt, bei dem man
sich geborgen fühlt - der nicht nur die eigenen Wünsche, sondern auch
den Traum der Menschheit - von Frieden - möglich erscheinen lässt, wird
zum Rückgrat der eigenen Gedanken und der persönlichen Lebensführung.
Dabei lässt uns das namenlose "Ich" der Gedichte an seinen innersten
Fragen teilhaben, zwingt den Leser immer wieder in den direkten Dialog.
Doch das angesprochene "Du" ist bald Leser, bald Gott selbst - weltliches
und gläubiges Gespräch lassen sich nicht trennen. Dabei werden keineswegs
unzeitgemäße Themen verhandelt, die meisten Gedichte entfalten sich in
der Spannung der modernen Existenz, die durch bohrendes Fragen und die
Brüchigkeit sozialer Netze gekennzeichnet ist. Im Mittelpunkt steht daher
die immerwährende Sehnsucht nach Liebe und Zugehörigkeit, die sich im
Glauben erfüllt. Überzeugend ist zudem die tiefe Naturverbundenheit, die
aus den meisten Gedichten spricht: Wellen und Sterne geben den Rhythmus
vor, Leben und Glauben geraten zur kosmischen Erfahrung. So führen
letztendlich alle Gedichte, so unterschiedlichen Themen wie "Liebe",
"Musik", "Stadt" usw. sie auch gewidmet sind, zur selben Antwort:
Frag mich: "Wer ist es? Ist das alles wirklich wahr?"
Ich sage: "Er ist es, sein Name ist Allah!"
(aus: Er ist es)