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»Die neue Preußen-Mode verrät nur zu deutlich, daß sie zur Flucht vor der bundesrepublikanischen Wirklichkeit anhält. Sie beschönigt die Schwachstellen der preußischen Geschichte und greift einige maßlos idealisierte Elemente heraus, da sie historisch nicht so gut informiert ist, daß sie erkennen oder zuzugestehen vermöchte, wie lange die kritische Geschichtswissenschaft diese Götzen schon vom Podest gestürzt hat.« Dieses pointierte Urteil Hans-Ulrich Wehlers über die gegenwärtig wieder in Mode gekommene Preußen-Verehrung kann als repräsentativ gelten sowohl für die Themen als auch für die Formen, in denen ein Fachwissenschaftler zu Fragen Stellung nimmt, die das allgemeine historische Verständnis der Gegenwart betreffen. Diese in der Öffentlichkeit umstrittenen Sachverhalte sind Anlaß zu unverschnörkelt formulierten Polemiken, die, um der Klärung der umstrittenen Sachverhalte willen, diplomatisch verhüllten Sottisen oder betulich verklausulierten Bedenken vorgezogen wurden. Darin liegt die Berechtigung des Untertitels.
List of contents
Vorbemerkung
Preußen ist wieder chic... Der Obrigkeitsstaat im Goldrahmchen
Deutscher Sonderweg oder allgemeine Probleme des westlichen Kapitalismus?
Vorzüge der Nachteile des deutschen Sonderwegs
Zum dritten Mal: Deutscher Antiamerikanismus
Wohlbehagen im Wolkenkuckucksheim: Die Chimäre eines neutralisierten Gesamtdeutschland
Traditionserlass ade - der politischen Vernunft eine Gasse
Renaissance der Geopolitik?
Nicht verstehen - der Preußennostalgie widerstehen!
Sozialdemokratie und deutscher Nationalstaat
Leopold Schwarzschild contra Carl v. Ossietzky
Galls Bismarck - Vorzüge, Grenzen und Rezeption einer Biographie
Neoromantik und Pseudorealismus in der neuen Alltagsgeschichte
Wirtschaftsgeschichte von Anno dazumal oder Fortschritt zum Kapitalismus?
Historische Handbücher - ein schwieriges Geschäft
Preußische Polenpolitik in der ostdeutschen Geschichtschreibung
Ein völlig neues Studiergefühl: Plädoyer für ein Regelstudium
Grober Keil auf groben Klotz: Gegen die Diffamierung wissenschaftlicher Leistungsstandards
Das Ende der Sackgasse. Die Hochschulpolitik von GEW und DGB oder: Wie geriert sich das zeitgenössische Bananentum?
Neue Hochschulgesetze: Droht die Zerstörung der Universitäten?
Antiquierte Aversionen gegen Geschichte?
Bibliographische Notiz
About the author
Hans-Ulrich Wehler, geboren 1931, studierte Geschichte und Soziologie an den Universitäten Köln, Bonn, Athens/Ohio (USA). 1960 Promotion, 1968 Habilitation. Von 1968 bis 1970 war er Privatdozent in Köln, 1970/1971 Professor an der Freien Universität Berlin. Seit 1971 war er Professor für Allgemeine Geschichte an der Universität Bielefeld, 1972 Gastprofessor an der Harvard University, Cambridge/Massachussetts, 1976 an der Princeton University, Princeton/New Jersey, 1983/1984 an der Stanford University, Stanford/California, 1989 an der Harvard University. 1996 Emeritierung, 1997 Yale University. 1999 wurde Hans-Ulrich Wehler zum auswärtigen Ehrenmitglied des amerikanischen Historiker-Verbandes ernannt. Im Jahr 2003 erhielt er den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, 2004 wurde er Ehrensenator der Universität Bielefeld. 2014 erhielt er den Lessing-Preis für Kritik. Hans-Ulrich Wehler verstarb 2014.
Summary
»Die neue Preußen-Mode verrät nur zu deutlich, daß sie zur Flucht vor der bundesrepublikanischen Wirklichkeit anhält. Sie beschönigt die Schwachstellen der preußischen Geschichte und greift einige maßlos idealisierte Elemente heraus, da sie historisch nicht so gut informiert ist, daß sie erkennen oder zuzugestehen vermöchte, wie lange die kritische Geschichtswissenschaft diese Götzen schon vom Podest gestürzt hat.« Dieses pointierte Urteil Hans-Ulrich Wehlers über die gegenwärtig wieder in Mode gekommene Preußen-Verehrung kann als repräsentativ gelten sowohl für die Themen als auch für die Formen, in denen ein Fachwissenschaftler zu Fragen Stellung nimmt, die das allgemeine historische Verständnis der Gegenwart betreffen. Diese in der Öffentlichkeit umstrittenen Sachverhalte sind Anlaß zu unverschnörkelt formulierten Polemiken, die, um der Klärung der umstrittenen Sachverhalte willen, diplomatisch verhüllten Sottisen oder betulich verklausulierten Bedenken vorgezogen wurden. Darin liegt die Berechtigung des Untertitels.