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Arbeitslosigkeit gibt es als Begriff und als sozialen Status erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Zuvor hatte man ein paar Wochen Arbeit, dann wieder nicht, wer arm war, verdingte sich als Saisonarbeiter. Erst mit Industrialisierung und Bevölkerungswachstum und der damit einhergehenden Sorge des Bürgertums angesichts eines wachsenden Proletariats ergab sich staatlicher und politischer Handlungsbedarf. Bénédicte Zimmermann schließt eine Lücke in der historischen Soziologie des deutschen Wohlfahrtsstaates, indem sie von den ersten Debatten bis zur Gründung einer Pflichtversicherung gegen Arbeitslosigkeit die Genese eines sozialen Problems rekonstruiert. Sie nimmt die Akteure in den Blick,von lokalen Verwaltungen über Gewerkschafter, Arbeitgeber und Sozialwissenschaftler bis zu den Politikern, aber auch den Wandel der politischen Sprache, die den Arbeitslosen als solchen benannte. So zeigt sie die langsame Entstehung einer sozialen Institution, die heute eine Grundlage des Arbeitsrechts in Deutschland bildet.
List of contents
Einleitung
Von der historischen Soziologie des Wohlfahrtsstaats zu einer
Sozio-Geschichte der Kategorien des öffentlichen Handelns
Definition eines Problems und kategoriale Formalisierung
Die Beschränkungen einer Sozio-Geschichte des
situierten Handelns
I.Vom Begriff zu einer Kategorie des Handelns
1. Über Worte und ihren Gebrauch
Die Arbeit und der Beruf
Konstitutive Elemente für den Begriff 'Arbeitsloser'
Das Aufkommen eines neuen Begriffs: die Arbeitslosigkeit
2. Arbeitslosigkeit zwischen individueller
Schuld und kollektivem Risiko
Das Thema Arbeitslosigkeit in den Debatten
Armenpflege und Arbeiterversicherungen:
zwei konkurrierende Modelle
3. Über die Produktion von Sinn und Wissen:
Arbeit zwischen Wissenschaft und Politik
Der Verein für Socialpolitik oder die Wissenschaft
im Dienste des Handelns
Die Institutionalisierung der Arbeiterstatistik
Die Volkszählung von 1895 oder der unauffindbare Arbeitslose
II. Die situierte Arbeitslosigkeit
4. Die Gewerkschaft, die Arbeitslosigkeit und der Beruf
Arbeitslosigkeit: ein Berufsrisiko
Statistiken und berufsübergreifende Verfahren
zur Bestimmung der Arbeitslosigkeit
5. Die Kommune, die Arbeitslosigkeit und der Wohnort
Die Kommune: Instanz zur Behandlung der sozialen Frage
Die ersten politischen Maßnahmen im Kampf
gegen die Arbeitslosigkeit
Statistiken und andere Verfahren der Kommunen
zur Bestimmung der Arbeitslosigkeit
6. Koordinationen von gewerkschaftlichem
und kommunalem Handeln
Der paritätische Arbeitsnachweis
Die Arbeitslosenversicherung nach dem Genter System:
die Verfestigung einer Arbeiterelite
III. Eine nationale Kategorie des politischen Handelns
7. Vermittlung durch Vereine und die Koalition der Reformer
Die Schwierigkeit der Konvertierung
von situierten Praktiken auf die nationale Ebene
Zusammenschluss in Vereinen und Reformsynergie
8. Die unerreichbare nationale Politik
Die Blockade der Exekutive
Statistiken, politisches Handeln und Formen des Staates
9. Die Weimarer Republik oder die legitime staatliche Intervention
Die Erwerbslosenfürsorge oder die Früchte des Krieges
Die demokratische Neuordnung des Staates
Arbeitslosigkeit zwischen Armenfürsorge und Versicherung
Schluss
Danksagung
Anhang: Grafiken und Tabellen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Register
About the author
Bénédicte Zimmermann ist außerordentliche Professorin für Soziologie an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
Summary
Arbeitslosigkeit gibt es als Begriff und als sozialen Status erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Zuvor hatte man ein paar Wochen Arbeit, dann wieder nicht, wer arm war, verdingte sich als Saisonarbeiter. Erst mit Industrialisierung und Bevölkerungswachstum und der damit einhergehenden Sorge des Bürgertums angesichts eines wachsenden Proletariats ergab sich staatlicher und politischer Handlungsbedarf. Bénédicte Zimmermann schließt eine Lücke in der historischen Soziologie des deutschen Wohlfahrtsstaates, indem sie von den ersten Debatten bis zur Gründung einer Pflichtversicherung gegen Arbeitslosigkeit die Genese eines sozialen Problems rekonstruiert. Sie nimmt die Akteure in den Blick,von lokalen Verwaltungen über Gewerkschafter, Arbeitgeber und Sozialwissenschaftler bis zu den Politikern, aber auch den Wandel der politischen Sprache, die den Arbeitslosen als solchen benannte. So zeigt sie die langsame Entstehung einer sozialen Institution, die heute eine Grundlage des Arbeitsrechts in Deutschland bildet.
Foreword
Theorie und Gesellschaft
Herausgegeben von Axel Honneth, Hans Joas, Claus Offe und Peter Wagner
Additional text
"Das Buch kann gerade mit Blick auf die gegenwärtigen Diskussionen um die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mit Gewinn gelesen werden." (Zeitschrift für Politikwissenschaft, 15.12.2006)
Report
"Das Buch kann gerade mit Blick auf die gegenwärtigen Diskussionen um die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mit Gewinn gelesen werden." (Zeitschrift für Politikwissenschaft, 15.12.2006)