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Das Auftauchen von Figuren, die an einem dargestellten Ereignis partizipieren, die man jedoch nicht mit Namen benennen kann, zeugt von einem Wandel im Verhältnis zwischen Bildern und ihren Betrachtern. Diese Betrachterfiguren agieren als Vermittler zwischen Zeiten, Personen und Inhalten. So schart sich auf den sogenannten "volkreichen" Kalvarienbergen Publikum um Maria, die Apostel, Longinus und die Schergen; an Grabmälern sind Trauernde zu sehen und auf Kanzelreliefs richten Einzelpersonen ihren Blick auf den Betrachter; auf byzantinischen Darstellungen des Marientodes sowie dann bei Duccio und Giotto folgen Trauernde dem Sarkophag der toten Maria. Während es bereits relativ früh die "Anderen" gab, z.B. als Gruppen von Fremden, Armen, Kranken, Andersgläubigen oder Feinden, gehören die Figuren der Betrachter zunehmend der Gemeinschaft der zentralen Protagonisten im Bild an. Diese Figuren fördern nicht nur die Aufmerksamkeit für das Ereignis im Bild und überbrücken Zeitdifferenzen, sie fordern auch selbst Aufmerksamkeit ein. Inwieweit lassen diese Erweiterungen des Personals, das die Protagonisten begleitet, Rückschlüsse auf veränderte Bedingungen in der Welt außerhalb des Bildes zu? Der vorliegende Band möchte diese Veränderung aus der Perspektive des westlichen Mittelalters, der byzantinischen Kunst, der islamischen Kunst und auch mit Blick auf ihre Vor- und Nachgeschichte diskutieren.
List of contents
Distinct Gazes (Beate Fricke)
Der Sinn des Zuschauens im Bild (Daniela Wagner)
Innerbildliche Betrachter in der persischen Buchmalerei (Alberto Saviello)
Public Relations (Anja Rathmann-Lutz)
Erfundene Betrachter (Cornelia Logemann)
Öffentlicher Raum und Publikum in den Illustrationen der Maqâmât al-Hariris im 13. Jahrhundert (Andrea Lermer)
From Place to Space (Christopher Lakey)
Die Unerbittlichkeit der Perspektive (Urte Krass)
The Installation of the Eye (Christiane Hille)
Anteilnahme (Henrike Haug)
Das Auge und der Blick (Annette Haug)
Crowds and Audiences on the Walls of St. Clement, Ohrid (Andrew Griebeler)
Third Person Plural (Ittai Weinryb)
About the author
Beate Fricke ist Professorin für Kunst des Mittelalters an der University of California, Berkeley. In ihrer Forschung zur Geschichte und Theorie des Bildes verbindet sie Ansätze aus der Historischen Anthropologie, der Philosophie, sowie der Theologie- und Wissenschaftsgeschichte.
Urte Krass studierte Kunstgeschichte und Geschichte an der Universität Hamburg, arbeitete von 2004 bis 2008 als Wissenschaftliche Assistentin und Promotionsstipendiatin am Kunsthistorischen Institut in Florenz Max-Planck-Institut; seit 2009 ist sie Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München.