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Dieser erste Band der Franz-Hessel-Werkausgabe umfasst die bekannten Romane "Der Kramladen des Glücks" (1913), "Pariser Romanze" (1920), "Heimliches Berlin" (1927) und das Fragment "Alter Mann", an dem der Autor bis zu seinem Tod 1941 arbeitete. Die autobiographischen Hintergründe der Texte - die Dreiecksbeziehung zwischen Franz Hessel, seiner Frau Helen und Henri- Pierre Roché sowie die Jahre in der Münchner Bohème, in Paris und Berlin - sind deutlich erkennbar und von Forschung und Feuilleton hinlänglich nachgezeichnet worden. Doch in Hessels distanzierter Beobachterhaltung, seinem Beharren auf dem Erzählgestus des Erinnerns, seiner oftmals ins Mythologische, Märchen- oder Traumhafte spielenden Perspektive liegt ein bewusst gesetztes und methodisch streng erarbeitetes Stilmittel, das eine differenziertere Lesart notwendig macht. Es ist eine spezifische Art der Transformation von Wirklichkeit, die Franz Hessel mit seinem Schreiben betreibt: die Verwandlung des gegenwärtigen Lebens in die erinnernde Lektüre von Texten. Diese Haltung transportiert Hessels charakteristischen schriftstellerischen Impuls, Verlorenes und Unerreichtes zu retten - in einem stillen Gegenentwurf zur lauten Welt der Moderne.
About the author
Franz Hessel, geb. 1880 in Stettin als Sohn einer großbürgerlichen jüdischen Familie, aufgewachsen im 'Alten Westen' Berlins, lebte Anfang des 20. Jahrhunderts im München des George-Kreises, am Vorabend des ersten Weltkriegs im Paris der Künstler und Kunstgenossen im Umkreis des Café du Dôme am Montparnasse und im Berlin der 1920er Jahre: der Erzähler, Feuilletonist, Herausgeber, Casanova-, Balzac- und zusammen mit Walter Benjamin Proust-Übersetzer, Kritiker und Lektor (im Verlag von Ernst Rowohlt) war im Jahrzehnt vor 1933 eine Institution im literarischen Berlin. Und er war ein Meister der 'Kunst des geselligen Lebens' (nach dem Vorbild des von ihm so gern zitierten Wahlverwandten K. A. Varnhagen): nahe literarische und menschliche Freundschaften verbanden ihn mit Karl Wolfskehl,Walter Benjamin, Alfred Polgar, Ringelnatz, Hans Siemsen, Mascha Kaléko, dem Typographen E. R. Weiß, der Bildhauerin Renée Sintenis, dem Zeichner Rudolf Großmann Franz Hessel flüchtete 1938 nach Paris und starb 1941 im Exil in Sanary-sur-Mer.