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logisch vennittelt werden kann. Auch der Kritische Rationalismus erweist sich schlieBlich als szientistische Episode - die jedoch noch lange nicht beendet scheint. In der Forschungspraxis zeichnet sich - sozusagen weit unterhalb der Ebene hochaggregier ter metatheoretischer Modellierungen - in den letzten Jahren ebenfalls ein Wandel abo Wahr scheinlich ist dieser Wandel auf das Vordringen lebensweltlicher Problemlagen - d. h. gesell schaftlicher (Natur-)Praxisprobleme und wissenschaftlich-politischer Ethikdiskussionen - in die idealisierte, hocharbeitsteilige und spezialisierte Forschungstatigkeit zuriickzufUhren. Doch Kausalaussagen bleiben in diesem Zusammenhang spekulativ. Entscheidend ist, daB heute eine wissenschaftliche Bewegung eingesetzt hat, die bereit ist, die Anwendungsbedingungen wis senschaftlicher Erkenntnisse zu prazisieren und auf gesellschaftliche Verwendungszusammen hange zu projizieren. Die Bewegung steht sicherlich noch am Anfang, doch ihre Relevanz scheint unbestreitbar: denn wenn wissenschaftliches Handeln notwendig mit Komplexitatsre duktion, mit der Idealisierung von Erkenntnisbedingungen und mit zweckgebundener, zielge richteter Forschungstatigkeit verbunden ist, dann sollte in der Tat der Obergang von wissen schaftlicher Erkenntnis zu gesellschaftlichem (Natur-)Handeln ein zentrales Anliegen sein. Eine Diskussion um Anwendungsbedingungen und Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnisse spielte jedoch innerhalb des Wissenschaftssystems mit seinen traditionellen Geltungsan spruchen (auf idealisierter Ebene) keine wesentliche Rolle. Der angedeutete Konflikt zwischen Erkenntnisbildung und gesellschaftlicher Anwendung muB wissenschaftsintem erst noch aus getragen werden, bevor sich zeigen kann, ob er auch Fruchte in inhaltlicher, theoretischer und methodischer Hinsicht tragen wird. Festzuhalten bleibt vorlaufig, daB die ehemals unterstellte, "durch Wissenschaft gestiftete Koharenz von Erkenntnis und Handlung" (Bayertz, Krohn 1986: 1 92) bruchig geworden ist.
List of contents
1 Die Aktualität des Verhältnisses von Mensch und Natur: Zwischen Tradition und Überwindung des modernen Naturverhältnisses.- 1.1. Ambivalenzen des modernen Naturverhältnisses.- 1.2. Drei Phasen gesellschaftlicher Technikkritik.- 1.3. Optionen für die Zukunft - Änderung der Eigenlogik wissenschaftlichen Handelns?.- 1.4. Einige Untersuchungsthesen.- 2 Von der mechanistischen Weltformel zur interdisziplinären Naturbefragung - Geschichte und Relativierung in den Naturwissenschaften.- 2.1. Vom Einzug des Irregulären in die Naturwissenschaften: Beobachtung, Zeit und Kausalität.- 2.2. Wahrnehmung und Operationalisierung von Komplexität: Naturwissenschaftliche Systemkonzepte.- 2.3. Der Mensch ein Teil der Natur: Pluralität in den Naturwissenschaften.- 2.4. Zusammenfassung.- 3 Entzauberung des Objektivismus - Wissenscbaftsentwicklung im Spannungsverhältnis von Objektivierung und Entgeneralisierung.- 3.1. Hypostasierung des Kognitiven.- 3.2. Grenzen der Erkenntnis.- 3.3. Institutionalisierte Revolution.- 3.4. Wissenschaft in der Gesellschaft.- 3.5. Hauptsache, es funktioniert?.- 3.6. Zusammenfassung und Ausblick.- 4 Die entzauberte Moderne.- 4.1. Die traditionelle Moderne.- 4.2. Risse im Projekt der Moderne.- 4.3. Defizite der Moderne.- 4.4. Verarbeitungsformen.- 4.5. Von der verzauberten zur erneuerten Aufklärung?.- 4.6. Zusammenfassung und Ausblick.- 5 Komplexität, Chaos, Selbstorganisation - Vom Durchbrach des Systemdenkens in den Naturwissenschaften.- 5.1. Das Ende der klassischen Idealisierungen.- 5.2. Selbstorganisationsforschung: Systemanalyse vor dem Komplexitätssprung.- 5.3. Erfolgsbedingungen des interdisziplinären Forschungsprogramms: Technische und mathematische Voraussetzungen.- 5.4. Die Entstehung des neuen Paradigmas ist vielgestaltig:Urkonzepte der Selbstorganisationsforschung.- 5.5. Vom Paradigma zum Forschungsprogramm: Fünf Entwicklungsphasen.- Statt eines Ausblicks: Fünf Fragen und Antworten.