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In den nationalsozialistischen Entwürfen von Geschlecht und Sexualität wurde die bürgerliche Geschlechter-Komplementarität abgelöst durch eine übergreifende "Kameradschaft". Sexualität diente dabei nicht mehr der individuellen Lust, sondern dem "Volk". Dem gegenüber standen antisemitische Feindbilder von Prüderie, Lüsternheit und Homosexualität.
Diese Selbst- und Feindbilder stellten ein Sinnstiftungsangebot dar, dessen affektive Attraktivität sich aus ihrer Funktionalisierbarkeit zur Verleugnung basaler Konflikte der Geschlechtsidentitätsgenese erklärt. Dieser Zusammenhang wurde in der psychoanalytisch-sozialpsychologischen Antisemitismusforschung oft benannt, aber bislang meist androzentrisch und sozialcharakterologisch verkürzt dargestellt. Sebastian Winter untersucht die Thematik anhand der SS-Zeitung Das Schwarze Korps und verknüpft dabei einen diskursanalytischen Ansatz mit einer psychoanalytisch-sozialpsychologischen Interpretation.
List of contents
Inhalt
Einleitung
1. Ansätze der psychoanalytischen Sozialpsychologie zur Analyse von Volk, Antisemitismus und Geschlecht
1.1. Subjektgenese in der Dialektik der Aufklärung (Theodor W. Adorno und Max Horkheimer)
1.1.1. Erste und zweite Mimesis, Abstraktes und Konkretes
1.1.1.1. Exkurs Ideologiekritik
1.1.2. Die Geschlechterordnung im Gefu ge von Abstraktem und Konkretem
1.2. Ambivalentes zwischen Ordnung und Chaos (Zygmunt Bauman)
1.3. Kastrationsangst und Vergeistigung (Sigmund Freud)
1.3.1. Die "Verweiblichung" "des Juden"
1.3.2. Die "Vergeistigung" "des Juden"
1.3.3. Massenpsychologie
1.4. Pathische Projektionen (Theodor W. Adorno/Max Horkheimer)
1.4.1. Der autoritäre Sozialcharakter
1.4.2. Massenpsychologie und pathische Projektion
1.4.3. Tickets fu r die Show
1.4.4. Die Desexualisierung des Sexus
1.5. Männerphantasien und Männerkrankheiten (Klaus Theweleit/Margarete Mitscherlich)
1.5.1. Männerphantasien
1.5.2. Männerkrankheiten
1.6. Patri-Ödipalität und Matri-Narzissmus (Béla Grunberger)
1.7. Zwischenresu mee
2. Das Schwarze Korps
2.1. "Verwirklichung"
2.2. "Das Ich in der Gemeinschaft"
2.3. "Polarer Gegensatz"
2.4. "Überbetonte Kameradschaft"
2.5. "Das Leben zu zweien"
2.6. "Frucht sorgsamster Partnerwahl"
2.7. "Echte und edle Nacktheit"
2.8. "Pru derie" und "Lu sternheit"
2.9. Zwischenresu mee
3. Eine symbol-, interaktions- und differenztheoretische Reformulierung der psychoanalytischen Sozialpsychologie zur Analyse der Geschlechter und Sexualitätsentwu rfe im Schwarzen Korps
3.1. Charakter und Aneignung
3.2. Leib und Sprache
3.3. Das Sexualitätsdilemma
3.4. Das Weiblichkeits- und das Männlichkeitsdilemma
3.4.1. Das Männlichkeitsdilemma
3.4.2. Das Weiblichkeitsdilemma
3.5. Die Verleugnung der Differenz durch die Differenz
3.5.1. Die Männerbu nde
3.5.2. Die Völkische Frauenbewegung
3.5.3. Das Schwarze Korps
4. Gesamtresu mee
About the author
Sebastian Winter ist Lehrbeauftragter am Institut für Soziologie der Leibniz Universität Hannover und Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Politische Psychologie. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Geschlechter- und Sexualitätsgeschichte der völkischen Bewegung, des Nationalsozialismus und der postnationalsozialistischen Gesellschaften, Antisemitismusforschung, Geschlechtertheoretische Sozialisationstheorie sowie Psychoanalytische Sozialpsychologie.