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Denn die eigentlich entscheidende, bis heute quälende Frage ist doch: Was ist eigentlich geschehen, dass wir die Missbrauchstaten und das Leid der Opfer nicht gesehen und nicht begriffen haben? Ich bin immer wieder befremdet, wie wenig diese Frage bis heute öffentlich angegangen ist. So äußerte sich in einem Interview der Jesuitenpater Klaus Mertes, der die Missbrauchsfälle im Canisiuskolleg in Berlin öffentlich machte und dadurch einen Stein ins Rollen brachte, der noch lange nicht zum Stehen gekommen ist.
Um die aufgeworfene Frage zu beantworten, genügt es nicht, Bedauern zu äußern und Maßnahmen zu diskutieren, um Kinder in Zukunft in Familien, Internaten, Vereinen und anderen Einrichtungen besser zu schützen. Wir müssen nach den Wurzeln fragen, von denen her verständlich wird, warum über Jahrhunderte hinweg Kinder misshandelt und missbraucht wurden, und das mit gutem Gewissen . Die Suche nach den Gründen führt uns in eine religiöse Tradition, die Gehorsam und Strafe zu Grundpfeilern der Erziehung machte, einer Tradition, die wir tief verinnerlichten und von der wir uns befreien müssen.
About the author
Dr. theol. Helmut Jaschke, geboren 1942, ist Professor für kath.Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe mit einer psychotherapeutische Ausbildung.