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"sist zappenduster im gedicht, welche sprache es wohl spricht?" - so dringt, aus dem Inneren einer nicht deklarierten Verpackung, die Stimme des Sternmulls, der wie viele Gedichte in Uljana Wolfs neuem Band Fragen nach der wechselseitigen Abhängigkeit von ästhetischer Produktion und herrschender Sprachpolitik aufwirft. Ob mit Grimms vertauschtem Goldesel, "Gerüstniks" oder Germaricans als Dolmetschern, kolonisierenden Seefahrern, übersetzenden Hysterikerinnen oder festgesetzten Asylbewerber_innen im deutschen Wald - es werden Grenzfälle besichtigt, "verholzene komplotts", und Konzepte wie Einwanderung oder die Schaffung nationaler Sprachidentitäten hinterfragt. So graben diese Gedichte an den Schnittstellen von Markt, Macht, Märchen und Mehrsprachigkeit und bringen Transfervorgänge ins Ruckeln - oder ruckelten die nicht immer schon, eher Fiktion als Fundament? "diese sprache war mal firn, dann feriendings, die leuchtet jeden heim. und wo soll das sein: 'schnurz'." Uljana Wolf lotet die politischen Dimensionen des Sprechens so schelmisch elegant und funkelnd abwegig aus, so klangvoll und ohne jede Belehrung, dass wir sie gerne auch im Wahlkampfjahr empfehlen.
About the author
Uljana Wolf wurde 1979 in Berlin geboren, wo sie heute auch lebt. Ihre Gedichte wurden in Zeitschriften und Anthologien unter anderem in Polen, Irland, Weißrussland, Dänemark, Ungarn und Schweden veröffentlicht. 2006 wurde sie mit dem Peter-Huchel-Preis und dem "Dresdner Lyrikpreis ausgezeichnet, im Jahr 2015 erhielt sie für ihr lyrisches und übersetzerisches Gesamtwerk den Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung.