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Zu allen Zeiten haben Menschen eine besondere Nähe zu Bäumen empfunden. Mit dem Boden verbunden streben sie zum Licht, sie gedeihen einzeln unter ihresgleichen, sie trotzen Wind und Wetter und entwickeln einen individuellen Charakter, der ihre Natur und Lebensgeschichte zum Ausdruck bringt. Bäume wurden als Verkörperung oder Wohnort von Göttern verehrt, sie waren Symbole der Hoffnung von Menschen und Völkern, Modelle für Staaten und Familiengeschichte, Orte des Gedenkens und der Erkenntnis, der Liebe und des Todes. Religion und Philosophie, Dichtung und Kunst haben Bäume thematisiert. Gilgamesch, Bibel und Homer bezeugen es, Buddha und Platon, Upanishaden und Evangelien bestätigen es. Zeder und Palme, Linde und Eiche streiten um den Vorrang. Kirchenväter und Scholastik, Renaissance und Reformation, Kant und Goethe - sie alle hatten ihre eigene "Dendrosophie". Das setzt sich fort bis zu den Baumaktionen der modernen Künstler und den Motiven auf Briefmarken und Münzen. Nicht zuf ällig zeigen die deutschen Euro-Cents wieder das Eichenlaub.
About the author
Alexander Demandt, geboren 1937, lehrte bis zu seiner Emeritierung als Professor für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin. Arbeitsschwerpunkte sind die Geschichte der Spätantike sowie die Kultur- und Geistesgeschichte Europas. Zahlreiche Buchveröffentlichungen.