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Die Leichabdankungen von Andreas Gryphius, die in diesem Band erstmals kritisch ediert werden, gelten als einmalige Zeugnisse frühneuzeitlicher Trauer- und Trostkultur. Der Edition liegt als Leittext die postum erschienene Erstausgabe (1666) zugrunde. Soweit zu Lebzeiten Gryphii publizierte Separatdrucke der einzelnen Trauerreden vorliegen, wurden diese herangezogen und Varianten im textkritischen Apparat verzeichnet. Ein Textanhang enthält sämtliche Beigaben (Epicedien, Viten der Verstorbenen, Trost- und Trauergedichte) zu den Erstdrucken der Leichabdankungen, die keine Aufnahme in den Sammeldruck gefunden haben. Die Bibliographie der Erstdrucke schafft erstmals aufgrund von lückenloser Autopsie Klarheit bezüglich der Quellenlage und enthält darüber hinaus Nachweise sämtlicher (z.T. bislang unbekannter) übriger Schriften, die zu dem jeweiligen Todesfall publiziert worden sind. Zudem wurden in den Textanhang sämtliche Texte aufgenommen, die von Gryphius zum jeweiligen Casus über die betreffende Leichabdankung hinaus verfasst worden sind. Ein Nachwort informiert über die angewandten editorischen Prinzipien, stellt die von Gryphius geehrten verstorbenen Personen vor, würdigt die Quelle vor dem Hintergrund der spezifischen konfessionspolitischen Situation im Schlesien der damaligen Zeit und bietet eine Bibliographie der einschlägigen Sekundärliteratur.
About the author
Dr. theol. Johann Anselm Steiger, geb. 1967, ist Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Reformation, die Barockzeit und das Zeitalter der Aufklärung.
Gryphius' Vater, ein lutherischer Pfarrer, starb 1621 in den Kriegswirren. Das Gymnasium in Glogau, das Gryphius seit diesem Jahr besuchte und an dem auch sein Stiefvater Michael Eder lehrte, wurde 1628 im Zug der Rekatholisierungspolitik Wiens geschlossen. Erst 1632 konnte Gryphius, dessen Mutter inzwischen ebenfalls gestorben war, wieder eine Schule, das Gymnasium in Fraustadt, besuchen. 1634 wechselte er auf das Akademische Gymnasium in Danzig und wurde dann von seinem Mäzen Georg von Schönborn auf dessen Landgut in der Nähe von Fraustadt eingeladen (1636-38). Schönborn verlieh seinem Hauslehrer kraft seiner Rechte als Kaiserlicher Pfalzgraf Adelstitel und Magisterwürde und krönte ihn zum Poeten. 1638 begleitete Gryphius die Söhne Schönborns zum Studium nach Leiden; Gryphius nutzte diese Zeit (1638-44) zu intensiven Studien, wobei seine besonderen Interessen der Staatslehre und den modernen Naturwissenschaften galten. Von 1644-46 reiste er durch Frankreich und Italien und kehrte über Straßburg (1646-47) nach Schlesien zurück. Er erhielt Berufungen an mehrere Universitäten, lehnte jedoch ab und trat stattdessen, seit 1649 mit Rosine Deutschländer verheiratet, 1650 das Amt eines Syndicus (Rechtsbeistands) der ev. Landstände in Glogau an.