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Die überwältigende Vielschichtigkeit des Bachschen Werks, die jede Gesamtwürdigung ausschließt, nötigt immer wieder dazu, herausgegriffene Einzelkomplexe zu thematisieren. So gilt das dritte Bach-Heft der »Musik-Konzepte« den Passionen, wobei die von Anbeginn maßgebliche Grundabsicht der ganzen Reihe, nämlich vergangene musikalische Phänomene nicht anders als gegenwärtige und aktuelle vor allem auf ihr kompositorisches Zukunftspotenzial zu befragen, hier zu einer Lösung von besonderer Signalwirkung drängte.
Im konzeptionellen Zentrum des Heftes stehen zwei fundamentale Untersuchungen, die vom Ansatz her nicht konträrer sein könnten: Unternimmt Heinrich Poos es in der wohl umfassendsten ikonografischen Studie, die bisher dem geistlichen Vokalwerk Bachs überhaupt gewidmet wurde, unter dem Titel »Kreuz und Krone sind verbunden« die Genese der »Matthäus-Passion« kompositionsgeschichtlich ins gesamte Kantatenwerk Bachs zurückzuverfolgen und von dort aus zu entfalten, so geht Clytus Gottwalds geschichtsphilosophisch-kompositionsanalytischer Traktat »Bach, Kagel und die Theologie des Atheismus« umgekehrt vom neuesten Stand der produktiv-kompositorischen Bach-Rezeption selber aus, nämlich von Mauricio Kagels »Sankt-Bach-Passion«, von wo aus das schärfste, aktuell avantgardistische Licht auf das Bachsche Passionswerk zurückfällt.
Einige Einzelprobleme - von höchst unterschiedlichem Status - werden in den Beiträgen von Peter Böttinger und Nicolas Schalz aufgegriffen. Eine gleichsam »exterritoriale«, nämlich literarisch autonome Arbeit hat Hennes Holz beigesteuert.
List of contents
- Heinrich Poos: Kreuz und Krone sind verbunden. Sinnbild und Bildsinn im geistlichen Vokalwerk J. S. Bachs. Eine ikonografische Studie
- Nicolas Schalz: Die "Matthäus-Passionen" oder zu Bachs widerständiger Aktualität
- Hennes Holz: Mein Sinn wo willst du hin - ...
- Peter Böttinger: aus dem tact gerathen
- Clytus Gottwald: Bach, Kagel und die Theologie des Atheismus
About the author
Ulrich Tadday, geboren 1963, Studium der Musikpädagogik und Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie an den Universitäten Dortmund und Bochum; Staatsexamina, Promotion und Habilitation; seit 2002 Professor für Historische Musikwissenschaft an der Universität Bremen.
Heinz-Klaus Metzger, 1932-2009, aufgewachsen in Konstanz und Dortmund, eisterschüler bei Carl Seemann in Freiburg, studierte bei Max Deutsch i Paris und bei Rudolf Kolisch und Hans Leygraf in Darmstadt. Theodor W. Adorno wurde für ihn zum zentralen geistigen Einfluß. Metzger avancierte zum wichtigsten Theoretiker der seriellen Bewegung und trug maßgeblich dazu bei, John Cage in Europa durchzusetzen. 1969 Gründung des Ensembla Musica Negativa (mit Rainer Riehn). 1977-2003 Herausgabe der Reihe "Musik-Konzepte", danach "querstand. musikalische konzepte".