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In einer Kulturgeschichte der Literatur sind literarische Texte, abgesehen von ihrer immanenten Aussage, auch Signale ihrer Funktionalisierung in einem größeren historischen, politischen und sozialen Zusammenhang. Das gilt besonders für die deutsche Literatur, weil die immer wieder problematische nationale Identität auf kulturellem Wege gesucht und bestätigt wurde, mit Hilfe einprägsamer verbaler und bildlicher Muster, an denen man sich in Zeiten der Verunsicherung orientieren konnte.
Gedacht als kritische Wegmarken, die zum Nachdenken über die Bildlichkeit der Sprache und des sprachlich vermittelten kollektiven Denkens anregen, sollen die hier vorgelegten Denkbilder einige Stationen dieser kulturellen Identitätsbildung vom Hermannsdenkmal im ersten bis zu Bildern der Ausgrenzung im letzten Kapitel festhalten.
Weil auch kulturkritische Wahrheitsfindung eine Frage der Perspektive ist, verspricht der hier versuchte interkulturelle Blickwechsel aus dem amerikanisch verfremdeten deutschen Blickwinkel des Autors, der 40 Jahre an der University of California in Berkeley deutsche Literatur und Kultur gelehrt hat neue Einsichten in die Vermittlung des fremd gewordenen Eigenen und des vertraut gewordenen Fremden.
List of contents
Einleitung
Hermanns Kampf für Deutschlands Not. Zur Topographie der nationalen Identität
Neue Identität der Deutschen nach der Wende? Eindrücke und Überlegungen eines Deutschen in Amerika
Zwischen den Kulturen. Wissenschaftsemigration und German Studies
Stadtbild Berlin. Urbane Raumerfahrung von Heine bis Benjamin
Erlösung durch das geheime Wort? Von romantischer Sprachmagie zu moderner Sprachkritik
Brasilien. Erfahrungen eines deutschen Germanisten aus Amerika in Brasilien
Made in Germany. Deutsche Leitkultur und auswärtige Kulturpolitik
Geschichte und Geschichten. Zur Poetik historischen Verstehens
Kulturelle Differenz. Deutsche und amerikanische Geisteswissenschaften
Denkbilder. Zur visuellen Erkenntnis in Kunst und Literatur
Berliner Tüchtigkeit und Wiener Gemütlichkeit. Zu Stereotypen nationaler Binnendifferenzierung
Turmbau zu Babel. Zur Konstruktion sprachlicher Differenz
Kunstgespräch. Zur allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Reden
Immigranten. Zur Geschichte der multikulturellen Begegnungen in Deutschland. Von den Hugenotten und Holländern zu den Chinesen und Türken
Lost in Translation. Zur Übersetzung als Bewältigung des Unverständlichen Heimat, deine Sterne! Die Vertreibung aus dem Paradies und die Heimat der Sprache
Grenzfälle. Literarische Fallstudien zur Begrenzung und Ausgrenzung
Literaturverzeichnis
Namensregister
About the author
Hinrich C. Seeba (geb. 1940 in Hannover) hat Germanistik, Gräzistik und Philosophie in Göttingen, Zürich und vor allem in Tübingen studiert, hier Staatsexamen (1966) und Promotion (1967). Von 1968 bis 2008 war er Professor of German an der University of California at Berkeley, 1977-81 und 1989-91 auch Department Chair. Seit 2008 ist er emeritiert. Er hat zahlreiche Artikel zur deutschen Literatur und Kultur des 18. bis 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Gastprofessuren führten ihn an die FU Berlin (1992), Stanford University (1994) und USP Sao Paulo (1999). Im Jahr 2010 wurde er in den Vorstand der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik (GIG) wiedergewählt.