Read more
Die Studie analysiert den Wandel der Organisation und der Politik der IG Chemie-Papier-Keramik seit den siebziger Jahren. Als Leitimpulse dieses Wandels gelten das Auslaufen des Wachstums-Vollbeschäftigungs-Automatismus der bundesdeutschen Wirtschaftswundergesellschaft, die Politisierung industrieller Produktion durch eine gesellschaftlich breitenwirksame Ökologiekritik und die mit der Entwicklung zur Angestelltengesellschaft verbundenen gewerkschaftlichen Rekrutierungsprobleme. Die Aufnahme und Verarbeitung dieser Probleme durch die IG Chemie-Papier-Keramik erfolgt im Sinne einer branchenzentrierten Industriepolitik, die auf branchenwirtschaftliche Kooperation anstelle konflikthafter Interessendurchsetzung als zentrales Vertretungsmittel setzt. Diese Politik bildet eine Variante einer allgemeinen Tendenz, die branchenübergreifenden gewerkschaftspolitischen Positionen dauerhaft die Substanz entzieht.
List of contents
1. Gewerkschaftspolitik unter dem Primat der Industriepolitik.- 2. Industrienvielfalt in der Industriegewerkschaft: der Organisationsbereich.- 2.1. Der wirtschaftliche und beschäftigungsstrukturelle Handlungsrahmen.- 2.2. Die Mitglieder - Strukturen und Entwicklungen.- 3. Tarifpolitik bis Mitte der siebziger Jahre.- 3.1. Getrennt marschieren ohne vereint zu schlagen - tarifpolitische Strukturprobleme.- 3.2. Betriebsnahe Tarifpolitik 1970.- 3.3. Der Chemiestreik 1971.- 3.4. Der Streik als Katalysator innergewerkschaftlicher Gegensätze.- 4. Die Zentralisierung der Organisation im Konflikt um die Rolle der Vertrauensleute.- 4.1. Institutionalisierung und Aufbau gewerkschaftlicher Vertrauensleutekörper.- 4.2. Betriebliche Vertrauensleute - die Gegen-Institutionalisierung einer Nebenbetriebsverfassung in der chemischen Industrie.- 4.3. Diskussionen und Vorstöße zur Ersetzung der betrieblichen durch gewerkschaftliche Vertrauensleute.- 4.4. Die Umorientierung - von der Ablehnung zur Akzeptanz der betrieblichen Vertrauensleute.- 4.5. Die Umdefinition des Problems als "Satzungskonflikt".- 4.6. Die Lösung.- 4.7. Die Nachbereitung des Gewerkschaftstages von Mannheim: administrative und personelle Konsequenzen.- 5. Exkurs: Zentralisierung als Mittel und Folge der Bewältigung finanzökonomischer Probleme.- 5.1. Die Mitglieder als Beitragszahler: die Sicherung von Einnahmen als organisationspolitische Herausforderung.- 5.2. Die Entwicklung der Ausgaben.- 5.3. Zusammenfassung.- 6. Tarifpolitik als Element der Chemiesozialpartnerschaft.- 6.1. Der Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie (BETV).- 6.2. Arbeitszeitpolitik zwischen gesamtgesellschaftlicher Verabredung und gewerkschaftspolitischer Polarisierung.- 7. Chemiepartnerschaft - ein Modellbranchenzentrierter Industriepolitik.- 7.1. Die Institutionalisierung des Umweltschutzes als gewerkschaftliches Politikfeld.- 7.2. Die Umweltpolitik der IG Chemie zwischen Seveso und Sandoz - von der Industriekritik zum Veitrauensschutz.- 7.3. Umweltpolitik konkret: vom Dissens zum Konsens mit der Industrie.- 7.4. Zwischen gesellschaftlicher Konsenssuche und Branchenlobbyismus: das Beispiel der Bio- und Gentechnologie.- 8. Europäische Integration und gewerkschaftlicher Einfluß: Aussichten einer Chemiepartnerschaft unter den Bedingungen transnationaler Industriepolitik in der EG.- 8.1. Zur Europäisierung umweltpolitischer und anderer chemierelevanter EntScheidungsprozesse.- 8.2. Der Conseil Européen des Fédérations de l'Industrie Chimique: ein europäischer Industrieverband als EG-Braintrust.- 8.3. Die Europäische Föderation der Chemiegewerkschaften (EFCG).- 8.4. Zusammenfassung.- 9. Chemiepartnerschaft: die industriepolitische Wende der industriellen Beziehungen.- Periodika.- Abkürzungsverzeichnis.
About the author
Hans-Hermann Hertle: Jahrgang 1955; Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Marburg und Berlin; Dr. phil.; wissenschaftlicher Publizist und Sozialforscher; 1985 - 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung an der Freien Universität Berlin; seit 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam. Zahlreiche Buchveröffentlichungen zur Sozial- und Zeitgeschichte.