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In den Jahren 1900/1901 beteiligten sich mehr als 22 000 deutsche Soldaten an der Niederschlagung des sogenannten Boxeraufstandes im Nordosten Chinas. Was in den Köpfen der Teilnehmer an diesem Kolonialkrieg im Reich der Mitte vorging, untersucht Dietlind Wünsche in der vorliegenden Studie. Ausgehend von einem mentalitätsgeschichtlichen Ansatz analysiert sie bislang weitgehend unbekannte und in der historischen Forschung daher nicht berücksichtigte Briefe und Brieftagebücher, die Angehörige des "Ostasiatischen Expeditionskorps" unmittelbar vor und während ihres China-Einsatzes an ihre Familien schrieben. Das ermöglicht eine fast lückenlose Rekonstruktion des Vorgehens der Soldaten an der Kriegsfront. Außerdem geben die Quellen in ihrer distanzlosen Privatheit einen subtilen Einblick in zeit- und schichtenspezifische Wahrnehmungsweisen, Handlungsmuster und Denkbilder der deutschen Soldaten.
About the author
Dr. phil. Dietlind Wünsche, geboren 1964, Studium der Sinologie, Musikwissenschaft und Geographie in Göttingen, Heidelberg und Taipei (Taiwan); Referentin für China und Taiwan am Akademischen Auslandsamt der Universität Heidelberg; Arbeitsschwerpunkte: interkulturelle Kommunikation, deutsch-chinesische Beziehungen in der Zeit der frühen Moderne.
Report
Dietlind Wünsches lesenswerte und sehr gelungene Studie ist nicht nur für militärhistorich Interessierte eine Bereicherung. Sie demonstriert, wie deutsche Soldaten ihren Auslandseinsatz erfuhren, welchen Sinn sie ihm gaben und wie sehr das alles von den kulturellen Mustern beeinflusst oder vorgeprägt war, in denen sie sozialisiert waren. Marcus Sonntag, H-Soz-u-Kult, 24.2.09