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Johann Abraham Birnbaum, Dozent für Rhetorik und ein Freund Bachs, bezeugt, dass dieser »die Theile und Vortheile« der Rhetorik vollkommen kenne. Versucht man Birnbaums Zeugnis mit Inhalt zu füllen, dann ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten. Einmal hat Bach selbst nichts Theoretisches aufgeschrieben. Ein andermal trägt Johann Mattheson, der Zeitgenosse Bachs, der sich im »Vollkommenen Capellmeister« zur Dispositio der Rhetorik - auf diese bezogen sollen Birnbaums »Theile« versuchsweise verstanden werden - ausführlich äußert, eher zur Verwirrung als zur Klärung der Sachverhalte bei. Konzediert die Musikwissenschaft die Anwesenheit rhetorischer Gliederungen in verschiedenen Gattungen der barocken und vorbarocken Musik, so ist sie sich ebenso einig darin, dass solche Gliederungen in der Fuge nicht zu finden sind, ja nicht gefunden werden können.
Im neuen Heft der Musik-Konzepte weist Manfred Peters dagegen anhand von Analysen ausgewählter Instrumentalfugen nach, dass der Thomaskantor diesen Kompositionen eine strenge, sechsteilige Dispositio als Gerüst eingezogen und diese als >Argumentationsgebäude<, also diskursiv komponiert hat. Peters geht bei seiner Untersuchung selbstverständlich von der Erkenntnis aus, dass durch Analysen Bachscher Fugen diese nicht restlos entschlüsselt sind.
List of contents
- Das Zeugnis des Johann Abraham Birnbaum oder Die Form der Instrumentalfuge bei J. S. Bach - Zwei Fugen Bachs als instrumentale Klangreden über sein christliches Verständnis des Menschen- Die Rede über die Synkope als Verstoß gegen die Zeitordnung und deren Wiederherstellung oder "Eine historische Nachricht" des J. J. Froberger von J. S. Bachs "vorhabender Materie"- Der Autor
About the author
Ulrich Tadday, geboren 1963, Studium der Musikpädagogik und Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie an den Universitäten Dortmund und Bochum; Staatsexamina, Promotion und Habilitation; seit 2002 Professor für Historische Musikwissenschaft an der Universität Bremen.
Heinz-Klaus Metzger, 1932-2009, aufgewachsen in Konstanz und Dortmund, eisterschüler bei Carl Seemann in Freiburg, studierte bei Max Deutsch i Paris und bei Rudolf Kolisch und Hans Leygraf in Darmstadt. Theodor W. Adorno wurde für ihn zum zentralen geistigen Einfluß. Metzger avancierte zum wichtigsten Theoretiker der seriellen Bewegung und trug maßgeblich dazu bei, John Cage in Europa durchzusetzen. 1969 Gründung des Ensembla Musica Negativa (mit Rainer Riehn). 1977-2003 Herausgabe der Reihe "Musik-Konzepte", danach "querstand. musikalische konzepte".