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Das Unternehmen Krupp habe früh den Rahmen der bloßen Wirtschaftsgeschichte gesprengt und sei zu einem Politikum geworden, so Theodor Heuss bei der 150-Jahr-Feier von Krupp 1961 in Essen. Wirtschaftsgeschichte und politische Geschichte lassen sich im Blick auf Krupp nicht trennen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs ging es dem Konzern so gut wie nie zuvor und nie danach in seiner Geschichte: Finanziell bequem ausgestattet, mit modernen Fabrikanlagen und vorzüglichen politischen Verbindungen, glaubte man sich für jeden kommenden Krieg gewappnet. Das schien nach 1914 zunächst auch zuzutreffen, aus eigener Kraft wuchsen Belegschaft und Produktion. Klaus Tenfelde zeigt, wie schwer sich der Konzern vom Ende der Rüstungsproduktion erholte, Toni Pierenkemper schildert die inneren und äußeren Verwerfungen durch Inflation und Wirtschaftskrisen während der zwanziger Jahre.Die ausgeprägte Staatsloyalität des preußischen Diplomaten Gustav Krupp von Bohlen und Halbach erleichterte der Eigentüm erfamilie 1919 die Anpassung an die neue Demokratie, ebenso aber nach 1933 die Hinwendung zur nationalsozialistischen Diktatur. Werner Abelshauser stellt die Ära des Dritten Reiches dar. Der schon begonnene Umbau zum modernen Mischkonzern wurde wieder abgebrochen, Krupp ordnete sich nach anfänglichem Zögern voll den Interessen des Staates und damit auch dessen neuen Krieges unter. Es wurde zur "Waffenschmiede des Reiches". Nicht nur in Deutschland hatte man Krupp als Symbol der Rüstungsindustrie verstanden; in Nürnberg hielten die Alliierten einen eigenen "Krupp-Prozess" ab, das Unternehmen wurde beschlagnahmt. Die mit den Siegermächten erst 1951 vereinbarte Neuordnung sollte den Abschied von Kohle und Staat bedeuten. Diese Neuordnung und ein anderes, friedliches Image der Firma waren zentrale Unternehmensziele des letzten Alleininhabers Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, wie Lothar Gall eindrucksvoll zeigt. Mit der von ihm 1967 ins Leben gerufenen Neuordnung und der Stiftungsgründ ung, die endgültig Abschied nimmt vom Familienunternehmen, schließt der Band.
About the author
Lothar Gall, geboren 1936, ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Frankfurt am Main. Er ist u. a. Träger des Leibniz-Preises und des Balzan-Preises.