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Die spätbiblischen Weisheitsschriften (Sprüche Salomos, Prediger Salomo, Hiobbuch, Weisheit des Jesus Sirach und Weisheit Salomos) buchstabieren die Grundfragen eines gelingenden und von Gott gesegneten Lebens. Dabei stoßen sie auf das Geheimnis des unschuldigen Leidens und auf die Unmöglichkeit, in einer endlichen Welt einen Gesamtsinn des Lebens zu ermitteln.Daher muss sich der Glaube entweder mit der Auskunft der Begrenztheit menschlicher Einsicht zufrieden geben und sich an das Glück des Tages halten oder darauf vertrauen, dass Gottes Gerechtigkeit erst im End- und Totengericht, d.h. im ewigen Leben offenbar wird. Die Alternative, klaglos die eigene Endlichkeit anzunehmen oder auf das ewige Leben zu hoffen, wird durch den jüdischen Exegeten und Religionsphilosophen Philo um eine dritte Auskunft vermehrt: dass sich das Gericht Gottes im Tun des Menschen verwirklicht und er in Reinkarnationsabfolgen geläutert wird.So zeichnet sich als Ergebnis ab, dass es die Unerbittlichkeit der sittlichen Forderung ist, die die Postulate der praktischen Vernunft rechtfertigt, die den Menschen aufrufen, sich der Zukunft des Gottes anzuvertrauen, dessen Rätsel seine endliche Vernunft nicht zu lösen vermag. Das aber bedeutet, dass der, der auf seine Endlichkeit verzichtet, in Gott geborgen ist.
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Prof. Dr. Otto Kaiser ist emeritiert. Er lehrte an der Universität Marburg.
