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Wie hängt die private Geschichte mit dem Lauf der Welt zusammen?
Katja ist eine erfolgreiche Fotojournalistin: Bilder von privaten Dramen inmitten gesellschaftlicher Umbrüche haben sie berühmt gemacht. Jetzt, nach 20 Jahren des Reisens, ist sie ihres Berufs müde, und sie bemerkt, wie sehr auch ihr eigenes Leben von der großen Geschichte bestimmt wurde: von dem Geiseldrama bei den Olympischen Spielen in München, 1972. "Spiele" entwirft ein großes, hinreißend atmosphärisches Gesellschaftspanorama. Mitten darin und von den weltgeschichtlichen Ereignissen auf verblüffende Weise mitbestimmt: die virtuos erzählte Geschichte einer zarten, verhinderten Liebe.
München 1972 - für die 13jährige Katja eine spannende Zeit: Alles ist neu, die U-Bahn, die fremden Menschen, die vielen Sportübertragungen im geliehenen Fernseher. Und über allem das strahlende Münchner Föhn-Wetter. Doch auf einmal ist alles anders - der Vater hat eine neue Frau, und Max, den sie doch eigentlich so gerne mag, hat sie vor ihren Freunden derart blamiert, dass sie sich bitterlich an ihm rächt. Währenddessen läuft im Fernseher Terror statt Sport: Die Fröhlichkeit der Olympischen Spiele wird zunichte gemacht von einem Ereignis, "das mit seiner ganzen Tragik, seiner Wirrnis und der Unreife die Probleme deutlich gemacht hat, mit denen wir heute leben müssen". Aber wie hängt die kleine Geschichte mit der großen zusammen? Ist Katja wirklich schuld daran, dass Max sich plötzlich entschließt, zur Polizei zu gehen und in Fürstenfeldbruck beim misslungenen Versuch, die israelischen Geiseln zu befreien, verwundet wird? Und warum spricht die Familie angesichts der Ereignisse im Fernseher plötzlich so viel von der eigenen Herkunft?
Später, als angesehene Fotojournalistin, versucht Katja, die Bilder, das Getuschel und ihre Ängste von damals zu entwirren. Sie stößt auf Schrecken, Dilettantismus, Lügen und Anschuldigungen, auf Ausflüchte, Fehler, Verzweiflung und Trauer. Und ganz allmählich setzt sie aus den kleinen und großen Geheimnissen, die sich so tief in sie hineingegraben haben, das Bild ihres Lebens zusammen: Könnte dies das Gefühl von Heimat sein, das Katja die ganze Zeit über gesucht hat?
About the author
Ulrike Draesner, geboren 1962 in München, studierte Germanistik, Anglistik und Philosophie in München und Oxford, Promotion 1992 mit einer Arbeit über Wolframs Parzival. 1993 stieg sie aus der Wissenschaft aus, um schreiben zu können. Neben ihren wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichte sie Gedichte, Erzählungen, Hörspiele sowie einen ersten Roman. Sie lebt als freie Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturkritikerin in Berlin. 1997 erhielt sie den "foglio-Preis für junge Literatur" sowie den "Bayrischen Staatsförderpreis" für Literatur, 2010 den hochdotierter "Solothurner Literaturpreis". 2013 wurde sie mit dem "Roswitha-Preis" ausgezeichnet und 2014 mit dem "Cuxhavener Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik".
Additional text
Report
"Draesner entwirft ein durchaus eindrucksvolles Panorama, dargeboten in mitunter kraftvoll parataktischen Satzkaskaden. Souverän schaltet sie hin und her zwischen den Zeitebenen, Figuren und Erzählsträngen." Frankfurter Rundschau