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Georg Brandes ist Nietzsches Entdecker - nicht mehr und nicht weniger. Der Kritiker und Publizist war einer der ersten, die auf die Bedeutung des bis dahin unbekannten Philosophen hinwiesen, und dies so nüchtern und klar, dass sein 1888 erschienener Nietzsche-Essay längst ein berühmtes Zeitdokument und immer noch lesenswert ist. Alles, was Nietzsche bis heute wichtig und skandalös erscheinen lässt, ist hier angeschnitten: Moralkritik, Umwertung aller Werte, Übermensch. Brandes, Jude aus Kopenhagen, Weltbürger, Pazifist, ist Ahnherr einer zivilisierten Aneignung Nietzsches geworden. Nietzsche selbst war begeistert, dass sich der damals viel berühmtere Däne zu seinem Fürsprecher gemacht hatte. Seine Briefe an ihn hat Brandes 1895 in die Nachschrift zu seinem Essay aufgenommen.
About the author
Georg Brandes, geboren 1844 in Kopenhagen, starb dort 1946. Der dänische Jude verkörpert in idealer Weise das, was Nietzsche einen "freien Geist"nannte. Er schrieb Dänisch, Schwedisch, Deutsch und Französisch, bereiste ganz Europa, lebte mehrere Jahre in Berlin. Für Schriftsteller wie Ibsen, Strindberg, Thomas Mann, Schnitzler, Hofmannsthal und ihre Generation war er Kulturvermittler, Denker, Vaterfigur in einem. Seine politische Publizistik machte ihn zu einer gefürchteten und geachteten Autorität.