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Der Bonner Professor und Märzrevolutionär Gottfried Kinkel (1815-1882) wurde als Ikone der Demokratiebewegung berühmt. Anhand neuer Quellen wird nach der Genese dieses Medienphänomens gefragt.Nur knapp entging der Freischärler Kinkel 1849 einer kriegsrechtlichen Erschießung. Nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Zuchthaushaft empörten Karikaturen des wollespulenden Dichters und Kunsthistorikers die liberale Öffentlichkeit. Mit seiner von Carl Schurz ermöglichten Flucht (1850) aus dem Zuchthaus Spandau nach Schottland wurde Kinkel definitiv zum europäischen Freiheitshelden. Er hatte schon im Vorfeld Einiges für diese Aufmerksamkeit getan: mit der unermüdlichen Berichterstattung über seine Auftritte im Preußischen Abgeordnetenhaus für verschiedene Zeitungen und mit seiner Mitarbeit an der lithographischen Nachrichtenagentur der Pfälzer Revolutionsregierung im Mai 1849. Noch in der Haft vollendete er einen Aufsatz über Sozialismus in der Kunst, der hier erstmals in seinen verschiedenen Fassungen rekonstruiert wird. Aber auch die Kontroversen über seine Person nützten seinem Ansehen, die 1849/50 in Zeitungen und Zeitschriften ausgetragen wurden, unter auffällig starker Beteiligung von Frauen. Neben Marie von Bruiningk, die auch ein »Kinkel-Album« organisierte, kam dem Engagement der Ehefrau - der Musikerin und Autorin Johanna Kinkel gesch. Mathieux - besonderes Gewicht zu, die für ihren inhaftierten Mann als Redakteurin und Herausgeberin einsprang.
About the author
Peter Sprengel, geb. 1949, lehrte nach Studium der Germanistik und Gräzistik Neuere deutsche Literatur an den Universitäten Erlangen, Kiel und Berlin (FU). Seine jüngsten Arbeiten gelten der Literatur des Vormärz.
Veröffentlichungen u. a.: Romantische Intellektualität und Ich-Krise (2023); Karl August Varnhagen von Ense und Charlotte Williams Wynn. Eine deutsch-englische Briefliebe um 1850 (2022); Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1830-1870. Vormärz - Nachmärz (2020); Gerhart Hauptmann. Bürgerlichkeit und großer Traum. Eine Biographie (2012); Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900-1918. Von der Jahrhundertwende bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (2004).
Summary
Der Bonner Professor und Märzrevolutionär Gottfried Kinkel (1815-1882) wurde als Ikone der Demokratiebewegung berühmt. Anhand neuer Quellen wird nach der Genese dieses Medienphänomens gefragt.
Nur knapp entging der Freischärler Kinkel 1849 einer kriegsrechtlichen Erschießung. Nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Zuchthaushaft empörten Karikaturen des wollespulenden Dichters und Kunsthistorikers die liberale Öffentlichkeit. Mit seiner von Carl Schurz ermöglichten Flucht (1850) aus dem Zuchthaus Spandau nach Schottland wurde Kinkel definitiv zum europäischen Freiheitshelden. Er hatte schon im Vorfeld Einiges für diese Aufmerksamkeit getan: mit der unermüdlichen Berichterstattung über seine Auftritte im Preußischen Abgeordnetenhaus für verschiedene Zeitungen und mit seiner Mitarbeit an der lithographischen Nachrichtenagentur der Pfälzer Revolutionsregierung im Mai 1849. Noch in der Haft vollendete er einen Aufsatz über Sozialismus in der Kunst, der hier erstmals in seinen verschiedenen Fassungen rekonstruiert wird. Aber auch die Kontroversen über seine Person nützten seinem Ansehen, die 1849/50 in Zeitungen und Zeitschriften ausgetragen wurden, unter auffällig starker Beteiligung von Frauen. Neben Marie von Bruiningk, die auch ein »Kinkel-Album« organisierte, kam dem Engagement der Ehefrau – der Musikerin und Autorin Johanna Kinkel gesch. Mathieux – besonderes Gewicht zu, die für ihren inhaftierten Mann als Redakteurin und Herausgeberin einsprang.