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Während des Kulturkampfes wurde innerhalb der preußischen Regierung und Verwaltung über die politische Angebrachtheit, das wünschenswerte Ausmaß und die äußeren Modalitäten einer staatlichen Repression des Wallfahrts- und Prozessionswesens intensiv diskutiert. Das Diskussionsergebnis bestand in der Ministerialverfügung vom 26. August 1874, welche das Wallfahrts- und Prozessionswesen auf der Grundlage des preußischen Vereinsgesetzes von 1850 äußerst restriktiv reglementierte, während das preußische Staatsministerium in seiner Sitzung vom 22. Oktober 1875 den von Kultusminister Falk und Innenminister zu Eulenburg beantragten Beschluss, im Bundesrat ein reichsweites Wallfahrts- und Prozessionsverbotsgesetz einzubringen, mehrheitlich ablehnte, weil die fragliche Materie im Rahmen eines speziell gegen das katholische Vereinswesen gerichteten Ausnahmegesetzes geregelt werden sollte. Ein solches antikatholisches Ausnahmegesetz kam jedoch nie zustande, so dass im Ganzen der Kulturkampf schwerpunktmäßig eine Kirchenverfolgung im Sinne einer Institutionenverfolgung blieb, die das Glaubensleben der Laien zumindest gesetzgeberisch unangetastet ließ.
List of contents
Inhalt: Das preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1850 und seine Anwendung auf das Wallfahrts- und Prozessionswesen vor dem Kulturkampf - Die Fokussierung des preußischen Staatsministeriums auf das Wallfahrts- und Prozessionswesen - Die Haltung der preußischen Verwaltungselite zum Wallfahrts- und Prozessionswesen - Die Ministerialverfügung vom 26. August 1874 - Die Debatte im preußischen Staatsministerium über ein reichsgesetzliches Wallfahrts- und Prozessionsverbot.
About the author
Volker Speth, 1955 geboren und in der Nähe von Köln lebend, ist Bibliothekar und promovierter Historiker.