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Richard Wagner brauchte die große Geste, die bedeutende Pose, betrieb beharrlich die wirkungsvolle Inszenierung seiner selbst. Hinter dieser Attitüde lässt sich auch das Bedürfnis nach Schutz, nach Selbstbewahrung erkennen. Betrachtet man das gleichermaßen effektvoll inszenierte Werk des Künstlers, entdeckt man auch hier das Pathos dieser mit äußerster Energie durchgestandenen Lebenshaltung eines an sich und seinem Leben Leidenden. Es findet sich wieder in den Wagnerschen Figuren, die allesamt der Erlösung bedürfen und Erlösung ersehnen. Kenntnisreich und einfühlsam geleitet Peter Wapnewski den Leser durch die Opernwelt der Götter, Menschen und Helden, der Licht- und Schwarzalben und zeigt: Wagner ist in ihnen allen, in Tristan und Marke, in Sachs und Stolzing, in Amfortas und Parsifal, vor allem aber in der scheinbar menschenfernsten seiner Gestalten, im traurigen Gott, in Wotan. Dem Autor gelingt es in seiner Untersuchung, den Blick auf die Menschlichkeit des Wagnerschen W erkes zu lenken, ohne doch seine weltensprengende Ungeheuerlichkeit zu unterschlagen. Mit der Virtuosität des Sprachkünstlers, der Souveränität des Gelehrten und der Demut des Bewunderers adaptiert Wapnewski dabei die kompositorischen Kunstgriffe Richard Wagners. Während er die charakteristischen Eigenarten der unterschiedlichen Werke anschaulich macht, sie jedes für sich deutet, offenbart und stiftet er Beziehungen und zeigt immer wieder leitmotivisch: Richard Wagner in seinen Helden. So entsteht beinahe unmerklich eine tiefe Einsicht in die Konsequenz und Kontinuität von Leben und Werk dieses unfassbaren Künstlers.
Über den Autor / die Autorin
Peter Wapnewski, geboren 1922 in Kiel, ist Professor der mediävistischen Germanistik (emer.) und Gründungsrektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Autor von Büchern zur deutschen Dichtung des Mittelalters, wie zur Literatur und Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts. Richard Wagner und seiner Kunst sind gewidmet die Titel "Tristan, der Held Richard Wagners" und "Die Szene und ihr Meister" sowie eine Reihe von Aufsätzen.
Bericht
"Peter Wapnewski ist es gelungen, sich den freien, unbefangenen Blick auf ein Phänomen des 19. Jahrhunderts zu bewahren und Richard Wagner nicht nur vom Ende und den Folgen, sondern von den Quellen, den Anfängen, Einflüssen und psychologischen Vertracktheiten her zu sehen und zu deuten." (Martin Gregor-Dellin in der "Süddeutsche Zeitung")