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Nietsches streitbare Mahnung, die Gegenwart nicht zugunsten der Vergangenheit zu vergessen
Dass Historie, Hingabe der Gegenwart an das Vergangene, nicht ohne weiteres nur von Nutzen sei, ist eine Lehre, die uns nicht erst bei Nietzsche begegnet. Schon in der Renaissance empfehlen manche, man sollte lieber als in geschriebenen Büchern im ewigen Buch der Natur lesen. Und der Aufklärung vollends gilt alles zeitlich Gewordene nur als bloße Kuriosität gegenüber dem vernunftmäßig zu Konstruierenden. Freilich ist das Motiv der Abwehr gegen die Historie für Nietzsche ein anderes. Nicht weil die durch sie zu gewinnende Erkenntnis gegenüber anderer Erkenntnis minderwertig wäre, sondern weil ihm die Substanz des Lebens selbst durch sie bedroht scheint, wendet er sich gegen sie und empfindet er sie sogar direkt als ein Werkzeug der Destruktion.
Über den Autor / die Autorin
Friedrich Nietzsche (1844-1900) stammte aus einer evangelischen Pfarrersfamilie, besuchte die renommierte Landesschule in Pforta bei Naumburg, studierte in Bonn und Leipzig und wurde mit 25 Jahren Professor der klassischen Philologie in Basel. Er war ein genialer Denker, Meister der Sprache und begabter Musiker und Komponist. Sein Leben war bestimmt von problematischen Beziehungen, etwa zu Richard Wagner oder Lou Andreas-Salomé, und endete in der bedrückenden Einsamkeit des Wahnsinns.